Die „Bibliothèque“ aus dem Besitz der renommierten Schauspielerin Jane Renouardt stellt einen Höhepunkt des französischen Art Déco und zugleich einen Meilenstein in der Entwicklung des Element- und Systemmöbels dar. Renouardt erwarb das Stück 1929 im Salon des Artistes Décorateurs für ihre neu erbaute Villa in Saint Cloud. Seine perfekte kunsthandwerkliche Ausführung ist typisch für die kostbaren Entwürfe Jacques-Emile Ruhlmanns (1879–1933) und ließ diesen zum bestbezahlten und gesuchtesten Möbelgestalter des Art Déco werden. Der Maharadscha von Indore, der sich ab 1930 seinen Palast in Manik Bagh von den bedeutendsten europäischen Künstlern seiner Zeit gestalten und einrichten ließ, beauftragte Ruhlmann mit der Anfertigung einer zweiten Version des Stücks, die allerdings in Macassarholz ausgeführt wurde. Dabei ging durch die komplexe Holzmaserung die freie Kombinierbarkeit der einzelnen Kastenelemente verloren. Gerade darin liegt aber die Bedeutung des Entwurfs. In seinem konstruktiven Aufbau als Systemmöbel, aus Elementen, die durch eine Art Druckknopfprinzip miteinander verbunden werden, konkretisiert sich erstmals – und dies durch den Entwurf eines in jahrhundertealter Tradition stehenden Ebenisten – eine grundlegende Idee des modernen Möbeldesigns.